Rückblick auf den Jurybesuch im Altenburger Land

Am 21. Mai war es soweit: Die Jury des Bundesprogramms Aller.Land – zusammen gestalten. Strukturen stärken. hat das Altenburger Land besucht. Drei Stunden lang. Drei Stationen. Viele Gespräche. Und eine große Frage im Raum: Kann ein Projekt Beteiligung nicht nur ermöglichen, sondern auch strukturell verankern?

 

Unsere Antwort: Ja – wenn man es gemeinsam denkt. Und gemeinsam trägt.

 

Unser Netzwerk der regionalen Gestalter stellt sich vor

Der Auftakt im Kulturgut Quellenhof in Garbisdorf zeigte, was wir unter „Kulturknotenpunkten“ verstehen: Orte der Teilhabe, des Lernens, der Verhandlung. Im Gallery Walk stellten wir unser Netzwerk vor – zehn Partner:innen, zehn Handschriften, eine gemeinsame Haltung.

Gemeinsame Einstimmung auf den Jurybesuch
Gemeinsame Einstimmung auf den Jurybesuch

Zur Begrüßung richtete sich Matthias Bergmann, stellvertretender Landrat des Altenburger Landes, an die Jury. In einer bewegenden Rede unterstrich er die Bedeutung der freien Kunst- und Kulturszene in ihrer ganzen Vielfalt: in ihrer Eigenart, dort, wo sie ist – und wie sie ist. Er betonte, wie wichtig es sei, diese Arbeit nicht zu instrumentalisieren, sondern sie als eigenständige Kraft anzuerkennen – und zu ermöglichen. Der Landkreis, so Bergmann, versteht sich in diesem Prozess nicht als Verwalter, sondern als Ermöglicher.

 

Rico Montero eröffnete im Innenhof den Gallery Walk mit einem improvisierten Rap: „Hand in Hand – Aller.Land“ Begleitet wurde er von Robert Herrmann am Klavier.

Eine kurze, verdichtete Performance. Zwei Ausdrucksformen. Zwei Generationen.

Und zugleich ein Bild für das, worum es in unserem Projekt geht: Verbindung über Differenz. Nicht durch Vereinheitlichung, sondern durch Beziehung.

Was hier klanglich zusammenkommt – Rap und Klavier, Improvisation und Komposition – steht exemplarisch für unseren methodischen Ansatz: Wie hier Jugendkultur und Tradition nicht als Gegensätze zu begreifen, sondern als Spannungsfeld mit gestalterischem Potenzial. Ein Zusammenspiel, das weder die einen vereinnahmt noch die anderen ausschließt – sondern beide ernst nimmt.

 

Genau hier liegt die kulturelle Kraft des Projekts: Nicht darin, Widersprüche aufzulösen – sondern sie auszuhalten. Und produktiv zu machen.

Zweite Station: das Einkaufszentrum in Nobitz

Dort, wo sonst eigentlich eingekauft wird, stand an diesem Tag unser Altenburger Tisch – als bewusst gesetztes Zeichen für das, was wir ermöglichen wollen: Dialog, Verbindung, Teilhabe und Gestaltungskraft – getragen und katalysiert durch Kultur.

 

Auch hier eröffnete Robert Herrmann die Begegnung mit einem Stück am Klavier – eine wunderbare, einladende Geste, die den Raum atmosphärisch einstimmte.

 

In diesem Raum stellten wir unsere Erprobungsräume vor: Vom Kaffeekränzchen am Großen Teich über die Tafelrunde in Dobitschen bis zum PoliTISCH – die Tischgespräche fanden an ganz unterschiedlichen Orten im Landkreis statt. Und genau das machte ihre Wirkung aus: Sie waren dort präsent, wo Menschen ohnehin sind – auf dem Markt, im Einkaufszentrum, im LeerGut, vor der Bratwurstbude.

Die Gespräche machten sichtbar, was oft übersehen wird: Es braucht keine großen Bühnen. Auch keine perfekte Ausstattung. Es braucht Aufmerksamkeit – und wiederholbare Formate, die Nähe ermöglichen.

 

Die Akteure berichteten, wie niedrigschwellige Dialoge Türen öffnen, Vertrauen stärken und Themen Raum geben, die sonst ungehört bleiben.

 

Der Tisch steht im Zentrum unseres Projekts – nicht als Objekt, sondern als Methode.
Als soziales Kunstwerk, das Menschen in ihrer Verschiedenheit zusammenbringt.
Und als kulturelle Referenz auf etwas, das tief im Altenburger Land verankert ist:
die Spielkultur. Skat, Brettspiele, Dorfrunden – soziale Praxen, in denen Regeln verhandelt, Differenz ausgehalten und Gemeinschaft hergestellt wird.

 

 

Gerade deshalb war der Wunsch nach Verstetigung deutlich spürbar: Nicht als Zusatzangebot – sondern als strukturierter Teil einer Kulturarbeit, die nicht punktuell wirkt, sondern langfristig trägt.

 

Im Anschluss begrüßten wir Bürgermeister Hendrik Läbe, der eindrücklich schilderte, welche Herausforderungen ländliche Gemeinden wie Nobitz bewältigen müssen – gerade, wenn sie sich über große Flächen verteilen. Umso wichtiger sei es, so Läbe, mit Kulturarbeit gezielt Verbindungen zu schaffen, Identität zu stärken und neue Begegnungen zu ermöglichen.

 

Michael Apel, Fachdienstleiter Wirtschaft, Tourismus, Kultur im Landratsamt, ergänzte in seinem Beitrag die Perspektive aus der Verwaltung. Er machte deutlich, welchen konkreten Mehrwert das Projekt Stadt.Land.Kult(o)ur für den Landkreis hat – nicht nur im Hinblick auf gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern auch mit Blick auf die touristische Entwicklung der Region. „Wir sehen hier Synergien, die weit über das Projekt hinausreichen – und wir werden es nach Kräften unterstützen“, so Apel.

 

Die Farbküche als Schlussakkord

Zum Abschluss luden wir in die Farbküche ein – nicht nur zu Schnittchen und Suppe, sondern zu Austausch, Reflexion und offener Fragerunde. Ein Raum, der so bunt und niedrigschwellig ist wie das Projekt selbst.

 

Hier wurde nochmal sichtbar: Beteiligung braucht Räume. Menschen. Haltung. Und eine Struktur, die das alles trägt.

 

Hortensia Völckers, ehemalige künstlerische Direktorin der Kulturstiftung des Bundes und Leiterin der Jury, stellte das Gremium vor – zusammengesetzt aus Expert:innen unterschiedlichster Fachbereiche.

 

Dann wurde es konkret.

Gemeinsam gingen wir ins Eingemachte: Wie arbeiten wir? Welche Prozesse tragen unser Projekt? Wie übersetzen wir Haltung in Struktur – und Struktur in Wirkung? 

Alles kam nochmal auf den Tisch: Unsere Projektidee, unsere Methoden, unsere Strukturen und Prozesse. Und es zeigte sich auch nochmal für uns: Was auf dem Papier steht, hat in der Praxis bereits begonnen. Ein Format, das verbindet. Eine Struktur, die trägt. Und eine Region, die nicht fragt, ob Wandel möglich ist – sondern wie wir ihn gemeinsam gestalten.

 

Der Jurybesuch war kein Finale – sondern ein Zwischenstand. Ein Moment, in dem sich zeigen konnte, wie viel schon da ist: Vertrauen. Verantwortung. Und ein geteiltes Verständnis davon, was Kultur im ländlichen Raum leisten kann – wenn man sie lässt.

Unsere Bewerbung für die Umsetzungsphase ist mehr als ein Antrag. Sie ist ein Angebot: an die Region, an die Politik, an die Zukunft.

 

Wir danken der Jury für ihr offenes Ohr, ihre Fragen und ihre Zeit. Wir danken allen, die diesen Tag vorbereitet, begleitet und gestaltet haben.

 

Und wir gehen weiter: Hand in Hand - Aller.Land 

Geballte Kompetenz in einem Raum
Geballte Kompetenz in einem Raum